Einige Stuten haben uns dieses Jahr wieder die Freude beschert ein Fohlen auf die Welt zu bringen. Der schwer vorhersehbare Geburtszeitpunkt konnte manche Besitzer dabei ganz schön auf die Folter
spannen!
Als das lang ersehnte Fohlen dann endlich das Licht der Welt erblickte, ergaben sich wieder neue Fragen und
Überraschungen.
Einige Probleme möchte ich kurz schildern:
Lebensschwäche
Obwohl die Tragezeit angemessen lang war (12-13 Monate), kann es vorkommen, dass ein lebensschwaches Fohlen zur Welt kommt. Man erkennt diesen Zustand daran, dass das Fohlen wenig Engagement zeigt den Kopf zu heben, aufzustehen und die Mutter aufzusuchen. In weniger ausgeprägten Fällen können die Fohlen zwar nach einiger Zeit aufstehen, sind aber nicht in der Lage zu trinken. 0ft ist der Saugreflex stark herabgesetzt oder fehlt ganz.
Man muss richtig beobachten, dass das Fohlen trinkt und nicht nur ans Euter geht! Je schneller ein Fohien steht und
trinkt, um so besser wird es mit Abwehrstoffen aus der Biestmilch ver sorgt. Ausserdem erhält es die nötigen
Nährstoffe und Energie für alle Lebensvorgänge. Zeigt ein Fohlen Anzeichen von Lebensschwäche ist schnelle Hilfe
angesagt, da die Fohlen nach wenigen Stunden nach der Geburt ohne Milchaufnahme stark unterzuckern (der
Blutzucker sinkt stark) und unterkühlen. Nach einer Erstversorgung im Stall ist in der Regel eine sehr intensive
Betreuung in einer spezialisierten Klinik erforderlich.
Darmpechverhalten
Während der Trächtigkeit sammelt sich im Darm der Fohlen sehr fester Kot an, genannt ,,Darmpech”. Nach der Geburt, vor allem durch die Aufnahme der ersten Milch, wird die Darmtätigkeit in Gang gesetzt und der feste Kot nach und nach abgesetzt. Oft ist der Beckeneingang der Hengstfohlen sehr schmal, dass sich Kot vor dem Becken anstaut und nicht abgesetzt werden kann. Man erkennt das an starkem Pressen bis hin zu Koliksymptomen.
Als Vorsorge eignet sich ein Klistier nach der Geburt zu verabreichen.
Zur Behandlung sind Darmeinläufe nötig. In wenigen Fällen müssen die festsitzenden Kotklumpen sogar in einer Operation beseitigt werden.
Stute nimmt das Fohlen nicht an
Manchmal funktioniert der Instinkt einfach nicht richtig und die Stute lässt das Fohlen nicht ans Euter. Das kommt
meistens bei Erstlingsstuten vor. Selbst Stuten, die schon Fohlen gross gezogen haben, können plötzlich ein Fohlen
abstossen! Es hat sich bewährt, während der Trächtigkeit das Euter regelmässig mit einem feucht — warmen Schwamm zu berühren und ggf. zu reinigen, um die Stute an Berührungen am Euter zu gewöhnen. Wenn jedoch der Fall eintritt und das Foh!en nicht ans Euter gelassen wird, ist wieder .kompetente Hilfe gefragt. Als erstes versucht man das Fohlen in seiner Aktivität zu unterstützen, indem man mit ihm zum Euter geht und dabei beruhigend auf die Stute einwirkt. Eine 2. Person nimmt eine grosse Hautfalte am Hals. Wenn das nicht reicht, wird eine Nasenbremse
aufgesetzt und wenn das auch nicht hilft, muss die Stute sediert werden, damit das Fohlen trinken kann. Mit der
Beruhigungsspritze setzt oft eine lang anhaltende Besänftigung des Gemütes ein. Psychopharmaka aus der Human
Medizin werden versuchsweise auch eingesetzt. Und trotz aller Bemühungen kommt es vor, dass das Fohlen nicht
angenommen wird. Für das Fohlen ist es am Wichtigsten, dass man alle Bemühungen unternimmt, dass es auf jeden Fall die erste Milch mit den Abwehrstoffen (Biestmilch bzw. Colostrum) aufnimmt. Zur Not kann die Biestmilch
auch abgemolken werden und die weitere Ernährung kann mit Ersatzmilch für Foh!en durchgeführt werden. Wenn nicht sicher ist, ob oder wieviel Biestmilch das Foh!en aufgenommen hat, kann über einen
Bluttest der Antikörpergeha!t im Fohlenblut fest gestellt werden. Bei zu geringem Antikörpergehalt ist das Fohlen sehr infektionsgefährdet und sollte antibiotischen Schutz erhalten. Die fehlenden
Antikörper können mit Hilfe einer Plasmatransfusion aus Blut eines anderen Esels aus dem Bestand auf das Fohlen übertragen werden.
Manfred Stoll - Praktischer Tierarzt - Homöopathie
Bleidenstadter Weg 7
D-65329 Hohenstein-Breithardt